Rede der Fraktionsvorsitzenden zum Kreishaushalt 2020

Christine Dohmann
Christine Dohmann

Herr Landrat,

meine Damen und Herren Kreistagsmitglieder,

 

der Haushalt 2020 liegt heute zum Beschluss durch den Kreistag vor; wie immer ein umfangreiches Zahlenwerk und allein durch seine Summe beeindruckend.

 

Weniger beeindruckend ist er naturgemäß, wenn man durchlaufende Posten und Pflichtaufgaben bei Seite lässt. Was dann noch übrig bleibt, ist der Nachweis der Pläne und Ziele für unseren Kreis.

 

Doch bleiben wir noch einen Moment bei den Pflichtaufgaben, von Bund und Land oder Europa an die kommunale Ebene abgegeben. Wir haben schon häufig beklagt, dass insbesondere der Bund bei der Übergabe der Aufgabe großzügig und bei der Finanzierung eher geizig war. In der Sitzung im September hat die Kämmerei darlegen können, dass uns in den vergangenen Jahren knapp 500 Millionen Euro Kosten entstanden sind, weil übertragene Ausgaben nicht auskömmlich durchfinanziert waren. 500 Millionen Euro allein für den Kreis Recklinghausen. Wenn wir jetzt noch die Zahlen der Städte hätten und sie den Kassenkrediten gegenüberstellen könnten! Wir könnten damit den weit verbreiteten Vorwurf "Ihr im Ruhrgebiet könnt einfach nicht wirtschaften" ein großes Stück entkräften. Aber leider bringt uns die Kenntnis dieser Zahlen noch nicht nach vorne und deshalb bleibt die Forderung nach einer auskömmlichen Finanzierung der kommunalen Ebene auch 2019 aktuell... und wird es leider auch in den kommenden Jahren bleiben.

 

Immerhin haben jetzt die Ruhrgebiets-MdBs der SPD festgestellt, dass die Altschuldenproblematik der Städte angegangen werden muss. Ich wünsche dabei viel Erfolg, das ist zumindest ein bedeutend sinnvolleres Ziel als Männergesangsvereinen die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Die GroKo muss sich endlich für Förderung nach Bedürftigkeit entscheiden und die Altschuldenproblematik angehen, da sind beide Parteien gefordert. Und die Freien Demokraten erwarten selbstverständlich, dass sich der Landrat in Berlin für dieses Projekt im Interesse der Städte unseres Kreises stark macht.

 

Schauen wird aber jetzt auf den Teil des Haushalts, den wir selbst gestalten. Wie schon gesagt, er zeigt Pläne und Ziele für unseren Kreis.

 

Er zeigt vor allem, dass der Landrat sich im letzten Jahr seiner Amtszeit dem Klimaschutz verschreiben will. An sich keine schlechte Sache, Klimaschutz wird eine Daueraufgabe für die nächsten Jahrzehnte sein. Aber im Kreis ist man offenbar der Ansicht, dass es ohne Stellen keinen Klimaschutz gibt. Es soll also ein Team "Klimaschutz" im Fachbereich E eingestellt werden. Was heißt denn eigentlich Team? Heißt das "11 Freunde sollt ihr sein"? Oder mehr... oder weniger, sechs Stellen stehen im Vestischen Klimapakt, aber ist das alles? Da sind noch viele Fragen offen, auch die Bewertung der Stellen ist nicht bekannt.

 

Es ist nicht zumutbar, dass der Kreistag ohne solche Informationen darüber beschließen soll. Das ist ein intransparentes Verfahren, das wir als Freie Demokraten nicht akzeptieren können. Deswegen ist es richtig und wichtig, dass der Kreistag beschließen will, dass über alle Stellen noch mal in den Fachausschüssen informiert, beraten und beschlossen wird.

 

Es entstand nämlich der Eindruck, dass, im Zuge der aktuellen klimahysterischen Debatte, unsere üblichen und sinnvollen Verfahren ausgehebelt werden sollten, nur um dem Eindruck zu erwecken, man täte ganz schnell etwas. Wir dürfen unsere Haushaltsdisziplin nicht auf dem Altar des Klimas opfern, das dient nämlich auch nicht dem Klima. Und wir dürfen keinesfalls in die Panik verfallen, die uns andere gerne einreden wollen. Angst ist kein guter Ratgeber für rationale Entscheidungen.

 

Der zentrale Punkt im Kreishaushalt ist ja jedes Jahr die Kreisumlage, also für jede Stadt die Frage, wie hoch der an den Kreis zu überweisende Betrag ist. Das ist die wichtigste Position eines jeden städtischen Haushalts. Und alle unsere Städte müssen wie jedes Jahr darum kämpfen, den Haushalt auszugleichen, um die Bedingungen des Stärkungspakts zu erfüllen. Es ist auch noch nicht jeder Stadt gelungen. Der Haushaltsansatz der Verwaltung war da sehr konservativ gestrickt. Da wurden die Vorgaben der mittelfristigen Finanzplanung eingehalten, aber leider kein Stück mehr. Der Griff in die Ausgleichsrücklage sollte exakt so groß sein, dass die Planungsziele erreicht wurden. Dafür hätten die Freien Demokraten Verständnis gehabt, wenn der Kreis selber knapp bei Kasse wäre. Aber unsere Liquidität ist so hoch, dass Verwahrentgelte – im Volksmund Strafzinsen genannt – bezahlt werden müssen. Und die Kombination, Strafzinsen auf der einen Seite und kaum auszugleichende Haushalte auf der anderen Seite, ist aus Sicht der Freien Demokraten nicht hinzunehmen.

 

Insofern werden wir heute Morgen einen sehr guten Beschluss fassen, nämlich etwas tiefer in die Ausgleichsrücklage zu greifen, um den Städten deutlich merkbar zu helfen. Allerdings hätte die Verwaltung das mit einem etwas mutigeren Haushaltsansatz auch selber wagen können.

 

Es ist auch gut und richtig, dass wir die Personalkosten um zwei Millionen Euro kürzen wollen. Jedes Jahr hat der Landrat in seinem Haushalt neue Stellen gefordert und von einer Mehrheit hier im Haus auch bewilligt bekommen. Die Freien Demokraten haben das immer kritisiert und verlangt, genau darzulegen, warum diese Stellen unabweisbar seien. Angeblich waren sie das immer. Und am Ende stellen wir hier alle fest, dass ein größerer Teil der Stellen gar nicht besetzt wurde. Und die Verwaltung ist immer noch arbeitsfähig! Man hat sogar das Thema Brückenprüfung beinahe abgearbeitet; vor einem Jahr sah das noch sehr anders aus. Und auch im Straßenverkehrsamt sind die Probleme gelöst, auch wenn es natürlich zur Grippesaison etwas eng werden kann, wie eigentlich überall.

 

Ich halte also fest: Obwohl einige angeblich unabweisbare Stellen nicht besetzt sind, ist die Verwaltung arbeitsfähig und auch ein Nachteil für die Bürgerinnen und Bürger im Kreis ist nicht erkennbar. Das kann doch nur bedeuten, dass wir beim Antrag auf neue Stellen in Zukunft noch genauer hingucken müssen und die Verwaltung noch deutlicher erklären muss, warum diese nötig sind.

 

Es liegt jetzt sogar ein Antrag vor, die Kosten der Politik um 100.000 Euro im Jahr zu senken. Das ist FDP pur, war allerdings bis zur letzten Woche für andere im Haus absolut nicht vorstellbar.

 

Gerade wurden hier vom Kollegen der Grünen bittere Krokodilstränen geweint, weil die Firma Tesla sich in Brandenburg ansiedeln will und nicht in unseren newPark. Das ist unredlich! Welche Partei verhindert denn seit Jahren die Entwicklung des newParks und seiner Infrastruktur? Eine solche Scheinheiligkeit können wir hier nicht brauchen.

 

Die Freien Demokraten haben in den vergangenen Jahren dem Kreishaushalt nicht zugestimmt und einer der wichtigen Gründe dafür war immer das Thema Stellen. Zu Recht, wie sich im Rückblick herausgestellt hat. Ein weiterer wichtiger Grund war immer die Belastung der Städte, die ein Kriterium für unsere Entscheidung war.

 

Für die Zukunft, das wissen Sie, haben wir eine enge Zusammenarbeit mit der CDU vereinbart. Dort werden wir die Themen forcieren, die uns beiden wichtig sind, und dazu gehören insbesondere die kommunalen Finanzen. Keine Entscheidung des Kreises darf die Städte in Bedrängnis bringen. Für die Freien Demokraten war das immer Leitlinie. Dazu gehören naturgemäß Ausgleichsrücklage und Personalausstattung. Ich weiß, dass das auch für die CDU immer wichtige Punkte waren. Aber leider nicht für alle hier im Haus. Einen Antrag über die Senkung des Personalkostenansatzes mit dem Logo der SPD hätte ich mir vor einem Jahr noch nicht vorstellen können.

 

Man kann also sagen: Schwarz-Gelb wirkt, schon jetzt!

 

Heute stimmen wir über die Verwaltungsvorlage mit umfangreichen Änderungen ab, und die verändern Charakter des Haushalts endlich mal in eine Richtung, die wir als Freie Demokraten schon lange fordern. Der Kreis wagt sich mutig auf neue Wege, und das ist schön, aber auch höchste Zeit und offenbar bedurfte es eines besonderen Anstoßes.

 

Die Freien Demokraten stimmen dem Haushalt für das Jahr 2020 zu!