Rede zum Kreishaushalt 2018

Christine Dohmann
Christine Dohmann

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Herr Landrat, meine Damen und Herren, liebe Kreistagsmitglieder,

 

wir alle stehen am Ende eines politisch ereignisreichen und spannenden Jahres, dessen Höhepunkt gerade erreicht zu sein scheint. Selten hat uns Politik so gefesselt wie im Moment.

 

Schauen wir jedoch auf unseren Kreis Recklinghausen und seinen Haushalt für das kommende Jahr, so kann man sich durchaus fühlen wie in einem Film mit dem Titel „Und jährlich grüßt das Murmeltier“.

 

Wie in jedem Jahr können wir nicht anders als die wirtschaftliche Situation im Kreis zu beklagen. Zu wenig Arbeitsplätze, zu wenig Ausbildungsplätze, zu viele Bürger, die von Sozialleistungen leben müssen und die wegen verschiedenster Hindernisse nicht ihren Weg in den ersten Arbeitsmarkt finden. Das alles belastet die kommunalen Finanzen enorm, seit Jahrzehnten sind die kommunalen Haushalte unterfinanziert und hoch verschuldet. Alle zehn Städte halten sich mit dem Stärkungspakt mühsam über Wasser, haben in jedem Jahr große Schwierigkeiten ihre Haushalte auszugleichen. Die Bürger und Unternehmen vor Ort bezahlen das mit höheren Steuern und auch mit geringeren Leistungen.

 

Wir müssen an unserem jährlichen Murmeltiertag den guten alten Phil gar nicht aus seiner Höhle zerren um zu gucken, ob er einen Schatten wirft. Wir wissen, die Emscherregion liegt im Schatten und das nicht erst seit gestern.

 

Trotzdem ist es der Verwaltung gelungen, einen Haushalt für 2018 aufzustellen, der wenn auch nur gering - was sind ca. 900.000 Euro bei einem Haushalt von knapp 1,2 Milliarden? – besser ist als die mittelfristige Finanzplanung. Das ist gut für die Städte – selbstverständlich – aber natürlich sogar weniger als der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein. Und zur Ehrlichkeit gehört es dazu, festzustellen, dass die Faktoren, die dazu geführt haben, nicht unserem eigenen Handeln erwachsen sind, sondern von außen positiv auf den Kreis einwirken. Wir machen keinen Hebesatz im LWL, wir sind auch nicht verantwortlich für das Ergebnis bei der Leistungsbeteiligung der Job Center und der Kosten der Unterkunft. Natürlich nehmen wir positive Entwicklungen von außen gerne an, aber einen Lorbeerkranz dürfen wir uns daraus nicht winden.

 

Unsere Aufgabe ist es doch, unsere Hausaufgaben hier zu machen. Und schon bei einem kurzen Blick in den Haushalt fallen enormen Steigerungen bei den Personalkosten ins Auge. Knapp 8 Millionen mehr als 2017! Da kann einem schon mal der Atem stocken. Und davon alleine 5,4 Millionen für neue Stellen! Das sind mehr als 102 neue Stellen.

 

102 NEUE STELLEN IN 2018! Es macht mich wirklich fassungslos, mit welcher Dreistigkeit da Personalaufwuchs betrieben wird. Gut, 40 Stellen gehen ins Jobcenter und sind zu 100% refinanziert, und das ist wohl gut angelegtes Geld. Auch von den weiteren Stellen ist guter Teil voll oder teilweise refinanziert über diverse Projekte. Ich bin allerdings zutiefst davon überzeugt, dass wir bei den Projekten deutlich selbstkritischer sein sollten. Brauchen wir wirklich alle diese Projekte? Ist das in jedem Fall sinnvoll? Mich beschleicht oft der Eindruck, dass wir nach dem Motto handeln „Oh guck mal, ein neues Projekt? Da gibt’s Stellen. Da machen wir mit!“ Da werden dann flugs neue Arbeits-, Steuerungs- und Lenkungskreise gegründet, so dass man immerhin in den Ausschüssen ausführlich berichten kann.

 

Und immerhin bleiben bei den neuen Stellen immer noch ca. 30, die gar nicht refinanziert sind, die zu 100% auf unsere Kosten gehen. Die haushaltstragenden Fraktionen schlagen nun vor, 25% davon, also so ca. 6 Stellen nicht einzurichten. Mehr als ein „ganz nett“ kann ich mir dazu nicht abringen, ein großer Wurf sieht anders aus.

 

Was mir fehlt, ist eine gute Begründung für die Einrichtung von neuen Stellen. Ich höre nur „uns wurden neue Aufgaben übertragen, dafür brauchen wir neue Stellen“. Geradezu reflexartig höre ich besonders im Sozialbereich „neue Aufgaben, neue Stellen“. Was die FDP erwartet, ist eine stichhaltige Begründung, warum eine neue Aufgabe auch eine neue Stelle auslöst. Wenn nach einem Erlass des Gesundheitsministers Heime ab 2018 auch mit Zwei-Bett-Zimmern für Kurzzeitpflege ausgestattet werden müssen, weil man der Auffassung ist, dass in der Kurzzeitpflege auch ein Zwei-Bett-Zimmer zumutbar ist, und die Heimaufsicht die Einrichtung dieser Zimmer überprüfen muss, dann frage ich mich, wie das Feststellen des Vorhandenseins dieser Zimmer eine Rechtfertigung für Mehrarbeit und neue Stellen sein kann.

 

Liebe Frau Pestke,

 

häufig hört man als Begründung für neue Stellen auch besonders vom Personalrat, dass die Mitarbeiter so überlastet seien. Man kann den Eindruck gewinnen, alle arbeiteten permanent an oder gar über der Belastungsgrenze. Arbeiten oberhalb der Belastungsgrenze darf natürlich nicht sein, schon gar nicht über einen längeren Zeitraum. Fragt man jedoch nach der Anzahl der Überlastungsanzeigen, dann kommt da wenig bis gar nichts. Ist das also alles gar nicht so schlimm? Spannender ist doch die Frage nach den Überstunden. Und zwar nicht nach denen, die Mitarbeiter machen, um ihre Zeit flexibler einzuteilen, und auch mal an einem Tag weniger zu arbeiten. Interessant sind die Überstunden, die gekappt werden, also die, für die ein Freizeitausgleich nicht möglich war. Erst wenn hier belastbare Zahlen auf dem Tisch liegen, kann man seriös über neue Stellen entscheiden.

 

Ich könnte jetzt „murmeltiermäßig“ noch über unsere Dauerbrenner sprechen

 

  • newPark, tut sich viel zu wenig,
  • Kreishaussanierung, läuft völlig in die falsche Richtung, aber da haben wir ja den von Herrn Hovenjürgen so bezeichneten Showdown im Frühjahr, da freue ich mich ja wirklich drauf,
  • Digitalisierung, der Begriff Schneckentempo ist ja eine Beleidigung für jede Schnecke.

 

Das kennen wir alle schon, allein die Tatsache, dass ich es immer wieder ansprechen muss, bedeutet, dass hier die politischen Weichen, die von der Verwaltungsspitze gestellt werden, in die falsche Richtung führen.

 

Die FDP-Fraktion lehnt auch in diesem Jahr den Haushalt des Kreises ab.

 

Vielen Dank!