Nichts Neues im Kreishaus? Haben Verwaltung und Kreistag keine Lust mehr auf Politik?

Christine Dohmann
Christine Dohmann

Die FDP-Fraktion im Kreistag von Recklinghausen ist verwundert, dass Landrat Cay Süberkrüb den Kreistagsfraktionen vorgeschlagen hat, den kompletten, für Februar 2017 vorgesehenen Sitzungsblock des Kreistages ausfallen zu lassen. Damit käme es zum ersatzlosen Ausfall aller bereits terminierten Sitzungen der Fachausschüsse, der Sitzung des Kreisausschusses und zum Ausfall des Kreistages selbst. Der Landrat begründet diesen Vorschlag als Chef der Kreisverwaltung damit, dass seine Kreisverwaltung keinen einzigen Beschlussvorschlag für eine der Sitzungen vorbereitet hat, da es zu keinem einzigen Punkt Entscheidungs- und Beratungsbedarf gäbe.

Hierzu FDP-Fraktionsvorsitzende Christine Dohmann: „Ich bin seit 2004 Mitglied des Kreistages, aber so einen Komplettausfall aller Sitzungen hat es in dieser Zeit noch nie gegeben. Selbst einzelne Ausschüsse haben nur ganz selten nicht stattgefunden. Es verwundert mich, dass es plötzlich nichts zu beraten und nichts zu beschließen gibt, denn unsere Tagesordnungen sind in der Regel umfangreich“.

 

Die FDP verweist darauf, dass die letzte Kreistagssitzung am 21. November 2016 stattgefunden hat und dass die nächste Kreistagssitzung auf Vorschlag des Landrats dann erst nach der Landtagswahl am 29. Mai 2017 stattfinden könnte. Demnach kann und will die Kreisverwaltung also mehr als sechs Monate auf die Politik und auf die Beratungen im Kreistag verzichten.

 

„Sollte dahinter der Versuch stehen, unangenehme Debatten im Vorfeld der Landtagswahl unterbinden zu wollen, ist das absolut inakzeptabel“, so Christine Dohmann, die darauf verweist, dass unsere Demokratie gerade von der öffentlichen Auseinandersetzung zwischen Demokraten lebt und dass gerade der Kreistag eine solche Öffentlichkeit herstellen kann. Selbst eine kritische Bewertung der Landespolitik, die ja in vielen Punkten einen unmittelbaren Bezug zur Politik im Kreis und in den zehn kreisangehörigen Städten hat, muss im Kreistag vor einem Landtagswahltermin stattfinden dürfen.

 

„Vor diesem Hintergrund verwundert es auch, dass die Fraktionen von CDU und SPD gemeinsam mit den Grünen und der Linkspartei dem Vorschlag des Landrats nach ersten Informationen folgen wollen“, so FDP-Kreisvorsitzender Mathias Richter, für den sich die Frage stellt, ob bei einer halbjährigen Sitzungspause auch für den gesamten Zeitraum die vollen

Aufwandsentschädigungen und Kostenerstattungen für die Kreistagsmitglieder und für die

Fraktionen gerechtfertigt sind.

 

Außerdem gibt es nach Meinung der Freien Demokraten eine Menge zu diskutieren:

 

  • Welche Auswirkungen hat das am 1. Januar 2017 in Kraft getretene Pflegegesetz auf den Kreis Recklinghausen? Ergeben sich dadurch neue Kosten?
  • Wie läuft die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt? Der neue Leiter des Jobcenters sollte dazu einen ersten Bericht vorlegen.
  • Wie ist der Stand der Notrufaufzeichnungstechnik im Polizeipräsidium? Und wie ist es um die Sicherheit im Kreis Recklinghausen insgesamt bestellt?
  • Sind die 58 Windkraftanlagen, die im Kreis betrieben werden, sicher? Oder haben diese 58 Anlagen Mängel, wie sie laut Berichterstattung vom Medienhaus Bauer in den letzten Wochen in anderen Landesteilen festgestellt wurden?

 

Wenn die Verwaltung mehr als ein halbes Jahr auf den Kreistag verzichten kann, stellt sich für

die FDP natürlich erneut die Frage, warum der Kreis einen Kreistag mit 72 Mitgliedern braucht.

 

„Die Freien Demokraten werden deswegen erneut den Antrag stellen, den Kreistag auf die

gesetzliche Mindestgröße von 66 Mitgliedern zu beschränken. Bislang hat sich dafür keine

Mehrheit gefunden, aber der Vorschlag des Landrats und die willige Bereitschaft einer

überwältigenden Mehrheit aus CDU, SPD, Grüne und Linkspartei, dem Vorschlag des Landrats

zu folgen, machen deutlich, dass der politische Apparat im Kreis Recklinghausen

überdimensioniert ist.“