Rede zum Kreishaushalt 2017

Christine Dohmann
Christine Dohmann

Herr Landrat, verehrte Kolleginnen und Kollegen Kreistagsmitglieder,

 

heute liegt der Haushalt 2017 vor uns, gut 1,1 Milliarden schwer, aber doch in großen Teilen festgelegt. Man denke nur an die Landschaftsumlage, quasi unser Mitgliedsbeitrag für den LWL. Mit ca. 167 Millionen ist diese Mitgliedschaft wirklich teuer, und es ist richtig, hier im Kreistag von Recklinghausen über den Antrag von CDU und SPD zumindest zu versuchen, den Druck auf den LWL hoch zu halten, damit dort noch an einer Absenkung der Umlage gearbeitet wird. Dies ist natürlich ganz besonders eine Aufgabe für die Mitglieder der Landschaftsversammlung, die der Kreis Recklinghausen entsendet. Da kann man nur gutes Gelingen wünschen.

Aber man muss natürlich an dieser Stelle die Frage stellen, warum der LWL so teuer ist. Warum kostet uns der Landschaftsverband jedes Jahr mehr Geld, 2017 ungefähr 15 Millionen mehr als 2016? Und soll das so weiter gehen? Wo soll das enden? Ein Blick in die Prognosezahlen für die nächsten Jahre macht nicht nur keine Freude, mich macht er einfach wütend. Da wird in Berlin ein Bundesteilhabegesetz beschlossen, da wird ein Inklusionsstärkungsgesetz beschlossen. Die Groko beschließt angebliche Wohltaten und „vergisst“ diese Gesetze sauber durchzufinanzieren. Und das ist ja nicht das erste Mal. Konnexität steht in unserem Land nur noch auf dem Papier, gelebt wird sie nicht ordentlich.

 

Dass die Kollegen vom SPD und CDU dies hier wortreich einfordern, ist schon beinahe lustig, sind es doch ihre Vertreter in Berlin, die uns diese Probleme bereiten.

 

Es ist auch nicht folgerichtig, dass der Bund die Kosten für Hartz IV übernimmt, aber die Kosten der Unterkunft nur zu einem Drittel. Das gehört doch zusammen. Und bei 70.000 Fällen im Kreis sind das 100 Millionen, die der Kreis aufbringen muss. Wenn wir dieses Geld auch vom Bund hätten, sähe unser Haushalt und sähen die Haushalte der Städte ganz anders aus. Die Zeche für diese Politik zahlen die am Ende, das sind die Kommunen. Eine schwarze Null in Berlin ist natürlich erstrebenswert, jeder öffentliche Haushalt sollte ausgeglichen sein - der in Düsseldorf natürlich auch - aber wenn die schwarze Null nur auf Kosten der kommunalen Familie erreicht wird, ist das nur ein Durchreichen der Verschuldung nach unten.

 

Sollte es gelingen, dass der LWL seinen Hebesatz noch ein wenig absenkt, ist es richtig dass der Kreis jede Entlastung, bzw. richtiger jede geringere Belastung an die Städte weitergeben wird. „Der Kreis muss sparen, damit die Städte leben können“ war ja immer das Leitmotiv der Freien Demokraten. Es ist schön zu erfahren, dass das, was die Freien Demokraten hier jahrelang vorgetragen haben, nun auch von anderen, größeren Fraktionen mitgetragen wird.

 

Genauso richtig ist, dass der Kreis seine Rücklagen zum großen Teil nutzt, um die Mehrbelastungen zu tragen, damit die Kreisumlage möglichst niedrig gehalten werden kann. Wobei das Wort „niedrig“ bei einer Kreisumlage von mehr als 400 Millionen nicht mehr angebracht ist. Mehr als 400 Millionen Kreisumlage sind einfach für unsere Städte nicht tragbar, und auch hier stimmt der Blick in die Prognosezahlen nicht optimistisch.

 

Und jetzt komme ich zu Dingen, die einige von ihnen überhaupt nicht hören mögen. Aber da müssen sie jetzt durch. Ein Großteil unseres Haushalts und auch des Haushalts des LWL ist determiniert durch Kosten im Sozialbereich. Und wenn man diesen Bereich näher anschaut, findet man eine riesige Sozialindustrie, in der Milliarden bewegt werden, die einen enormen Verwaltungswasserkopf hat und mit hohen Standards arbeitet. Jedem, der sagt, das muss so sein, muss klar sein, dass jeder Euro, der dort bewegt wird, nicht vom Himmel fällt sondern erst erwirtschaftet werden muss, erwirtschaftet von den Steuerzahlern dieses Landes. Und wenn wir nicht wollen, dass uns die Sozialkosten ins Unendliche davon galoppieren, müssen wir mit spitzer Feder rechnen und dort anfangen Sparpotenziale zu heben.

 

Ich habe ihnen dargelegt, dass vieles in unserem Haushalt determiniert ist von Faktoren, die wir nicht beeinflussen können, auch unsere Verwaltung nicht, und die Verärgerung darüber richtet sich natürlich auch nicht an Landrat und seine Verwaltung. Diese Dinge kann man beklagen, man muss politisch versuchen sie zu ändern, aber aktuell muss man damit einfach umgehen. Das tut die Verwaltung ja auch und vielen Bereichen tut sie das auch gut. An dieser Stelle möchte ich mich für die Freien Demokraten sehr bei Siegfried Schmidt bedanken, der ja in diesem Jahr zum letzten Mal bei den Haushaltsberatungen dabei ist. Herr Schmidt, Sie konnten in den vergangen Jahren wirklich jede – und war sie auch noch so abseitig – Frage zum Haushalt beantworten, und Sie konnten auch jedem das komplexe Thema Haushalt verständlich darlegen. Dafür an dieser Stelle recht herzlichen Dank.

 

Wie gesagt, vieles in diesem Haushalt ist bestimmt, aber eben nicht alles. Und wenn schon alle Zahlen, die von außen kommen, die Lage schwierig machen, ist es umso wichtiger, dass man das, was man selbst verantwortet, besonders gut macht. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Leider.

 

Die Freien Demokraten haben zum Thema Kreishaussanierung eine andere Vorstellung gehabt. Wir wollten den Neubau, weil wir überzeugt sind, dass eine Sanierung im Bestand zu risikoreich ist, dass die Kosten nicht kalkulierbar sind, weil wir nicht wissen, worauf wir uns einlassen. Und schon jetzt, wo mit der Planung noch nicht begonnen wurde, geschweige denn jemand eine Schippe in die Hand genommen hat, sehen wir, wie Recht die FDP hatte. 8,5 Stellen stehen für das Projekt im Stellenplan für 2017. Mangels einer Hochbauverwaltung möchte der Landrat jetzt Ingenieure einstellen. Befristet. Wenn er sie denn findet.

 

Ich halte es für äußerst naiv zu glauben, auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt könnte man hochqualifizierte Ingenieure für eine befristete Stelle in der Verwaltung gewinnen. Das sind gesuchte Spezialisten, die in der freien Wirtschaft besser verdienen können. Lassen Sie das sein mit dem Aufbau einer eigenen Hochbauverwaltung! Nehmen Sie 200.000 Euro in die Hand und beauftragen Sie ein Projektbüro mit der Erstellung eines vergaberechtlichen Auftrags. Lassen Sie sich eine Haushaltsunterlage nach DIN 276 für die Leistungsphase 5, das ist die Ausführungsplanung, erstellen. Dann brauchen Sie in der Verwaltung nur noch jemand der Spezialist für Vergaben ist, aber das haben wir ja. Wir vergeben ja regelmäßig Aufträge in unseren Bauprojekten. Und bitte wählen Sie das neue europäische Vergabemodell, das partnering-modell und arbeiten Sie mit „design to cost“. Legen Sie also vorher fest, wie viel Geld da ist, und lassen exakt für dieses Geld bauen. Der Baumarkt ist nämlich derzeit so überhitzt, dass Ihnen bei jedem anderen Verfahren die Submissionspreise durch die Decke schießen werden und Sie keine Chance haben, irgendeinen Kostenrahmen zu halten.

 

Die Kreishaussanierung ist keinesfalls trivial, egal wie man es macht. Aber schon der Start des Projekts läuft in die ganz falsche Richtung. Und wenn wir heute so entscheiden, wie die Verwaltung das vorschlägt, verbauen wir schon jetzt unsere Chancen, das Projekt auch nur einigermaßen im Kostenrahmen zu halten. Sanieren Sie das Kreishaus, aber bauen Sie keine Elbphilharmonie.

 

Wenn vieles im Haushalt festgelegt ist, ist das eine Sache. Wenn aber das, was wir selbst bestimmen, so in die falsche Richtung läuft, können die Freien Demokraten den Haushalt 2017 leider nur ablehnen.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.